Einmal USA und zurück – Gastbeitrag
Gastbeitrag/Werbung ohne Bezahlung
Jana Buchmann ist eine Kinderbuchautorin, die mit ihrer Familie drei Jahre in den USA gelebt hat. Dort sind ihre englischsprachigen Kinderbücher entstanden, von denen sie jetzt das erste in deutscher Sprache in die Kinderzimmer hierzulande bringen möchte. Dazu hat sie unter https://www.startnext.com/kleinemaus eine Crowdfundingkampagne gestartet. Wie es Jana und ihrer Familie in den USA ergangen ist und warum ihr Herz jetzt für immer in zwei Welten schlägt, erzählt sie uns hier.
Einmal USA und zurück
Da sind wir nun. Wir sitzen hier so in unserem Haus in einer deutschen Kleinstadt und können immer noch nicht begreifen, dass unser großes Abenteuer USA schon wieder seit 6 Monaten vorbei ist. Dabei hatte es doch gerade erst begonnen?! Und das kam so …
Oh, was für einen Blick muss ich meinem lieben Mann zugeworfen haben, als er mir im Sommer 2017 mitteilte, dass seine Entsendung in die USA jetzt doch unmittelbar bevorsteht. War ich doch hochschwanger mit Zwillingen, unsere Große war 18 Monate alt und wir waren gerade erst in unser Haus gezogen. Wir haben lange überlegt, ob und wie dieses Abenteuer für uns machbar ist – war es doch auf der einen Seite eine große Chance, aber auf der anderen Seite wahrscheinlich auch die größte Herausforderung unseres Lebens. (Spoiler alert: Wenn ihr den ultimativen Ehetest wollt, zieht einfach mit zwei Babys und einem Kleinkind in ein fremdes Land!).
Wir haben uns entschieden, mit dem Abenteuer für die ganze Familie zu warten, bis die Zwillinge 6 Monate alt waren. Das hatte zur Folge, dass ich über Wochen quasi alleinerziehend mit drei Kindern war, da mein Mann schon seinen neuen Job antreten musste und viel hin- und hergeflogen ist. Im Nachhinein betrachtet kann man über diese Entscheidung streiten, aber ich wollte meine Neugeborenen einfach keinem Langstreckenflug aussetzen.
Es geht los – einmal USA und zurück
Und so haben wir eines schönen Tages alle unsere Sachen in einen großen Container gepackt und haben Deutschland, unsere Familie und unsere Freunde hinter uns gelassen. Es war ein tränenreicher Abschied, von dem meine Schwiegermama heute noch spricht.
Die ersten Monate mit diesen kleinen Menschlein in einem fremden Land waren schwer. Fehlte uns doch unser „Dorf“, das es braucht, um kleine Lebewesen großzuziehen. Ich hatte am Anfang sehr viel Heimweh und habe mich oft gefragt, ob wir die richtige Entscheidung getroffen haben. War ich doch plötzlich nur noch das „Anhängsel“, das sich mit den Kindern in einem neuen Land zurechtfinden musste. Mein Mann fuhr jeden Tag ins Büro und hatte dort die Gelegenheit, sich mit erwachsenen Menschen zu unterhalten. Ein Luxus in meinen Augen.
Wir hatten einfach ganz unterschiedliche Vorstellungen von unserem neuen Leben und unterschiedliche Erwartungen an den Partner, die es zu kommunizieren und klären galt. Das hätten wir im Rückblick vor unserem Umzug tun sollen und das ist auch mein größter Tipp an alle, die das Abenteuer Ausland wagen: Besprecht eure Vorstellungen, eure Wünsche, und klärt eure Erwartungen. Dazu gab es bei uns im Vorfeld im verrückten Zwillingsbabychaos keine Zeit und keinen Platz, was zum Eingangs erwähnten Ehetest geführt hat (zweiter Spoiler alert: Wir haben diesen erfolgreich gemeistert und sind immer noch glücklich).
Der Alltag – einmal USA und zurück
Doch jeder Tag war zugleich ein neues Abenteuer. Eine Chance zu lernen, uns in unserer neuen Welt zurechtzufinden und als Familie zu wachsen. Und zugleich eine Chance, neue Dinge auszuprobieren. Dinge, von denen ich niemals zu träumen gewagt hätte, als ich meiner tränenüberströmten Schwiegermama am Flughafen zum Abschied gewunken habe. Wir haben das Land entdeckt, Urlaube gemacht, den Strand und die Nähe zu New York genossen. Die Kinder haben in einer rasenden Geschwindigkeit Englisch gelernt. Für die Zwillinge war das quasi ein paralleles Lernen von zwei Sprachen. Heute haben unsere Kinder eine deutlich bessere englische Aussprache als wir Eltern und unsere Große verbessert mich tatsächlich von Zeit zu Zeit.
Wir hatten mit der Auswahl unseres amerikanischen Heimatstädtchens den absoluten Glücksgriff getroffen. Stellt euch eine romantische Komödie vor, die in einer amerikanischen Kleinstadt handelt und ihr landet in Madison, unserem Zuhause für drei wundervolle Jahre. Wir haben später gelernt, dass hier tatsächlich einige Filme gedreht wurden. „Die Familie Stone“ (Family Stone) ist einer davon. Auch nach über 6 Monaten vermissen wir unser Städtchen immer noch sehr.
Jetzt zu den Kinderbüchern – einmal USA und zurück
Ich habe in den USA meine Liebe zum Kinderbücher schreiben entdeckt. In unserer Zeit dort habe ich vier Bücher geschrieben und veröffentlicht. Es war einerseits eine ziemliche Herausforderung, Kinder und Schreiben unter einen Hut zu bekommen, aber es hat mir auf der anderen Seite so unendlich viel gegeben. Auf einmal war ich nicht mehr das „Anhängsel“, sondern konnte mich selbst verwirklichen. Eine Chance, die ich vielleicht nie ergriffen hätte, wären wir in Deutschland geblieben. Was mich gleich zu den Unterschieden unserer beiden Wahlheimatländer bringt.
Nicht umsonst nennt man die USA das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Hier kann jeder alles ausprobieren und es gibt nichts, was es nicht gibt. Es herrscht eine Mentalität von „probiere es aus und wenn es nichts ist, kannst du immer noch etwas anderes machen“. Das birgt natürlich auch Risiken und Unsicherheiten, aber es öffnet auf der anderen Seite den Blick auf so viele unterschiedliche Facetten des Lebens. Manchmal wünsche ich mir für meine deutschen Mitmenschen ein klein wenig mehr von dieser Einstellung.
Kinder in den USA – einmal USA und zurück
Kinder wachsen in den USA (wenn sie denn ein stabiles Umfeld haben) mit deutlich weniger Freiheiten auf als deutsche Kinder. Das liegt natürlich auch daran, dass das Land um einiges größer ist und dort auch einfach mehr passiert. So dürfen Kinder unter 12 Jahren in New Jersey zum Beispiel nicht allein auf die Straße. Ich werde nie unseren ersten Einkauf im Großmarkt vergessen, bei dem sich unsere Zweijährige ungefähr 2 Meter von unserem Einkaufswagen entfernt hatte. Plötzlich bildete sich eine Menschentraube mit den Worten „Lost child!“ um sie. Ich hatte sie natürlich immer im Blick, aber dass das nicht ausreicht, haben wir so ziemlich schnell gelernt.
Auf der anderen Seite werden an Kinder deutlich höhere Anforderungen gestellt als in Deutschland. So gibt es zum Beispiel keine sanfte Eingewöhnung in die Kinderkrippe oder den Kindergarten. Das Kind wird morgens abgegeben und muss dann damit klarkommen. Die Erzieherinnen tun ihr Möglichstes, aber trotzdem ist das sehr hart für alle Beteiligten. Warum ist das so? Weil sich amerikanische Eltern einfach keine Eingewöhnungszeit leisten können. Wenn man Glück hat, wird man nach der Geburt für drei Monate freigestellt, aber danach muss man wieder zurück in den Job. Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt und mir (wie so oft während unseres Aufenthaltes) vor Augen geführt, welch große soziale Absicherung wir in Deutschland haben.
Deutsche Kinder können auch ein Jahr länger Kind sein als ihre amerikanischen Altersgenossen. Der amerikanische Kindergarten im Alter zwischen 5 und 6 ähnelt bei uns der ersten Grundschulklasse. Die Kinder lernen das Alphabet, Zahlen und machen einfache wissenschaftliche Experimente. Je nach Kindergarten und Einstellung der Erzieher kann das sehr viel Spaß machen oder ziemlich anstrengend sein. Es gibt wahrscheinlich einen Grund, warum es im Englischen keine Unterscheidung zwischen Erzieher und Lehrer gibt – beides sind „Teacher“. Wie für so viele unserer Erfahrungen gilt wohl auch hier: andere Länder, andere Sitten.
Wieder in Deutschland – einmal USA und zurück
Jetzt sind wir also wieder zurück und haben ein Stück von uns drüben auf der anderen Seite des Ozeans gelassen. Wir vermissen sehr viel: Die unglaubliche Landschaft, die Weite, die Kurzurlaube, die so wichtig für unsere Seele waren. Wir vermissen unsere Freunde, mit denen wir stundenlang am Feuer im Garten gesessen und Glühwürmchen gezählt haben. Ich vermisse meine Seelenschwester, die ich drüben gefunden habe und mit der ich immer noch jeden Tag Sprachnachrichten austausche. Wir vermissen unseren großen Kühlschrank, die Nähe zur Big City und zum Strand. Die Kinder vermissen ihre Kita, ihre Freunde und unser Haus.
Auf der anderen Seite sind Oma und Opa eben nicht mehr 8 Flugstunden entfernt, sondern nur noch maximal 4 Autostunden. Es gibt hier gutes Brot, vernünftige Preise und deutlich mehr Umweltbewusstsein. Ich kann wieder anfangen, in meinem alten Job zu arbeiten und trotzdem weiter an meinen Büchern schreiben. Bin ich glücklich? Darauf habe ich ehrlich gesagt immer noch keine Antwort. Aber Zufriedenheit ist ja schon mal ein guter Anfang. Und eine Sache ist mir während der letzten Jahre nochmal deutlich bewusst geworden: Zuhause ist da, wo mein Mann und ich unseren Kindern einen Gutenachtkuss geben und uns dann bei einem Glas Wein über unseren Tag unterhalten.
Wo auf dieser wunderschönen Welt das gerade ist, ist doch völlig zweitrangig, oder?
Schaut auch auf der deutschen Seite von Jana vorbei oder besucht ihren Instagram-Kanal. Sie würde sich natürlich sehr über Unterstützung freuen.
Ich wünsche euch einen schönen Tag.
Nicole
3 Comments
Linni
Hallo Nicole
Finde super, dass Jana hier auf deinem Blog darüber berichtet. Das war ein sehr spannender Beitrag und ich muss sagen, dass ich es sehr mutig finde 😊 Ich könnte meine Familie und meine Freunde niemals verlassen, aber finde es super, wenn man eine gewisse Zeit auch andere Länder und kulturen kennenlernt 😊
Wünsche euch einen tollen Tag!
Liebst Linni
http://www.linnisleben.de
Nicole
Hallo Linda, ja ich fand den Bericht auch sehr spannend und ebenfalls mutig. Ist sicherlich nicht einfach, aber man gewinnt eine Menge an Erfahrungen dazu. Schönen Samstag und LG Nicole
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